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Metabolisch-assoziierte steatotische Fettlebererkrankung (MA-SLD)

Definition

Bei der metabolisch-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MA-SLD) ist einerseits der Fettgehalt in der Leber erhöht, andererseits besteht eine metabolische Risikokonstellation (Adipositas, Lipidstoffwechselstörung, Prädiabetes oder Diabetes mellitus) 1. Liegt zusätzlich eine Entzündungskomponente im Lebergewebe vor, handelt es sich um eine metabolisch-assoziierte Steatohepatitis.
Die Entzündung kann zu einer zunehmenden Vernarbung (Fibrose) der Leber bis hin zu einer Zirrhose führen. Die metabolisch-assoziierte steatotische Lebererkrankung wird durch bildgebende Verfahren (z.B. Ultraschall, CT), Laboruntersuchungen und/oder Leberbiopsie diagnostiziert, nachdem andere Lebererkrankungen (alkohol-assoziierte, virale, autoimmune oder medikamentös-toxische Lebererkrankungen) ausgeschlossen wurden 2.
Der Einsatz von GLP-1 Analoga zur Unterstützung der Gewichtsreduktion hat in letzter Zeit aufgrund ihrer guten Wirksamkeit zugenommen, auch bei Steatohepatitis 3.

Auswirkungen auf den Ernährungszustand

MA-SLD kann durch Übergewicht verursacht werden und ist mit metabolischen und anderen Risikofaktoren (Insulinresistenz, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck) assoziiert. Die Akkumulation von hepatischen Triglyceriden kann zu Hyperglykämie, Hypertriglyceridämie und Hyperinsulinämie führen 4. MA-SLD ist mit einer erhöhten Mortalitätsrate im Vergleich zur gesunden Population assoziiert 5. Das Ziel ist daher, den hepatischen Fettanteil durch Bewegung und Ernährungstherapie zu reduzieren. Ein Gewichtverlust von 7-10% bzw. 0.5-1 kg pro Woche sollte angestrebt werden 6,7. Ein höherer Gewichtsverlust korreliert mit einer grösseren histologischen Verbesserung, und ein Gewichtsverlust von mehr als 10% kann sich auch positiv auf die Fibrose auswirken 7.

Nährstoffbedarf von Patient:innen mit einer metabolisch-assoziierten Steatohepatitis. Anpassungen nötig für mangelernährte Patient:innen, körperliche Aktivität und Alter der Patient:innen. Als Gewicht gilt das Adjusted Body Weight (ADJ) ab BMI 28, ansonsten das Körpergewicht vor Spitaleintritt.
KG = Körpergewicht; d = Tag; EE = enterale Ernährung; PE = parenterale Ernährung

Nährstoff Täglicher Bedarf (pro kg KG)
Protein Normalgewicht 0.8 1.0

g/kg KG/d 10

  Übergewicht/Adipositas 2.0

g/kg KG/d 9,10

  Adipositas + Erkrankung, EE/PE 2.0 2.5

g/kg KG/d 7

Energie Normalgewicht 30

kcal/kg KG/d 7

  Übergewicht/Adipositas 25

kcal/kg KG/d (tägliches Energie Defizit von ca. 600 kcal) 8-10

  Adipositas + Erkrankung, EE/PE 25

kcal/kg KG/d 7

Flüssigkeit Unlimitiert,

ausser bei Zirrhose mit Aszites

Bitte füllen Sie das Gewicht aus

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente

  • Abdeckung Tagesbedarf
  • Fettlösliche Vitamine: Vitamin E 800 IE/d, ev. Vitamin D 7

Ziel der Ernährungstherapie

  • Reduktion des hepatischen Fettanteils durch Gewichtsverlust bei Adipositas oder Übergewicht
  • Vermeidung von Mangelernährung oder von Nährstoffdefiziten
  • Verbesserung der Leberenzyme und der Histologie (Nekroinflammation)
  • Reduktion von Alkohol (bei Fibrose: Alkohol nicht täglich und in geringen Mengen)

Der Energie- und Proteinbedarf sollte, wenn immer möglich, mit oraler Ernährung gedeckt werden. Falls mit Anreicherung, Zwischenmahlzeiten oder Trinknahrungen weniger als 75% des Bedarfs gedeckt werden, sollte spätestens nach 5 Tagen auf enterale Ernährung als Ergänzung eskaliert werden. Eine komplementäre parenterale Ernährung ist indiziert, wenn weniger als 75% des Bedarfes durch enterale plus/minus orale Ernährung gedeckt wird. Details siehe Kapitel enterale und parenterale Ernährung.

Orale Ernährung

Um bei übergewichtigen oder adipösen Personen eine Gewichtsreduktion ohne Verminderung der fettfreien Körpermasse zu erreichen, wird eine hypokalorische Ernährung mit erhöhter Proteinzufuhr und erhöhter körperlicher Aktivität empfohlen 6,7. Bei normalgewichtigen Personen sollte ein stabiles Körpergewicht und eine Steigerung der körperlichen Aktivität angestrebt werden, um die Insulinsensitivität und die Steatose zu verbessern 7. Eine mediterrane Ernährung hat in früheren Studien vergleichbare Effekte gezeigt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Entwicklung von Diabetes verringert 7. Der Alkoholkonsum sollte reduziert werden (kein täglicher Konsum, geringe Mengen), um das Komorbiditätsrisiko zu verringern und die Leberhistologie zu verbessern 7.

Praktische Hinweise, falls indiziert

  • Empfohlene Mahlzeitenzusammenstellung zur Deckung des reduzierten Energie- und erhöhtem Proteinbedarfs:
    • Zu jeder Hauptmahlzeit eine Proteinbeilage konsumieren, tierische und pflanzliche Proteinlieferanten einbeziehen, die Proteinzufuhr dem Bedarf anpassen.
    • Der Konsum von energiedichten Lebensmitteln wie Süssgetränke, Fruchtsäfte, Süssigkeiten/Desserts, stark fetthaltige Speisen wie Frittiertes, Paniertes oder salzige Snacks reduzieren.
  • Körperliche Aktivität und Bewegung erhöhen.

Enterale Ernährung

Bei Patient:innen mit einem BMI <30 kg/m2, die auch mit Hilfe von ONS und Sip Feeds den Kalorienbedarf nicht oral decken können, sollte eine hyperkalorische (≥1.5 kcal pro mL) enterale Ernährung nasojejunal und in Ausnahmefällen nasogastral verabreicht werden 11.

Bei Patient:innen mit einem BMI ≥30 kg/m2 sollte eine hypokalorische Ernährung mit erhöhter Proteinzufuhr angestrebt werden, analog zur oralen Ernährung 11.

Parenterale Ernährung

Wasser- und fettlösliche Vitamine, sowie Spurenelemente müssen ab Beginn der parenteralen Ernährung täglich mindestens in der empfohlenen Tagesdosis verabreicht werden. Dauert die Nahrungskarenz länger als 72 Stunden, ist eine vollständige parenterale Ernährung indiziert 6.

Für die enterale und parenterale Ernährung werden Standardnährlösungen empfohlen, da bisher keine Studie eine erhöhte Wirksamkeit der Spezialprodukte aufzeigte.

Besonderes

  • Berücksichtigung von Komorbiditäten bei der Prognose, da eine Assoziation zwischen MA-SLD und kardiovaskulärer Sterblichkeit und dem Diabetesrisiko besteht 12.
  • Steigerung der körperlichen Aktivität auch bei Normalgewichtigen, um die Insulinsensitivität sowie die Steatose zu verbessern 12.
  • Beratung von Patient:innen mit zöliakie-bedingter Lebersteatose über eine glutenfreie Ernährung durch das klinische Ernährungsteam zur Verbesserung der Leberenzyme und der Histologie 6.
  • Klinischer Nutzen von Supplementen wie Resveratrol, Vitamin C, Coenzym Q10 und Omega-3-Fettsäuren konnte wissenschaftlich nicht klar dargelegt werden 12.
  • Supplementation von 800 IE α-Tocopherol kann Verbesserung der Leberenzymwerte und Histologie bei Patient:innen mit metabolisch-assoziierter Steatohepatitis ohne Diabetes mellitus unterstützen 12.
  • Supplementation von ausgewählten Probiotika oder Synbiotika kann Verbesserung der Leberenzymwerte unterstützen 12.

Medikamente/Supplemente

  • Fettlösliche Vitamine: Vitamin E, ev. Vitamin D
  • GLP-1 Analoga
  • Probiotika/Synbiotika
  1. Eslam, M., A.J. Sanyal, and J. George, MAFLD: A Consensus-Driven Proposed Nomenclature for Metabolic Associated Fatty Liver Disease. Gastroenterology, 2020. 158(7): p. 1999-2014.e1.
  2. Chalasani, N., et al., The diagnosis and management of non-alcoholic fatty liver disease: practice guideline by the American Gastroenterological Association, American Association for the Study of Liver Diseases, and American College of Gastroenterology. Gastroenterology, 2012. 142(7): p. 1592-609.
  3. Newsome, P.N., et al., A Placebo-Controlled Trial of Subcutaneous Semaglutide in Nonalcoholic Steatohepatitis. N Engl J Med, 2021. 384(12): p. 1113-1124.
  4. European Association for the Study of the Liver, E., E. European Association for the Study of Diabetes, and E. European Association for the Study of Obesity, EASL-EASD-EASO Clinical Practice Guidelines for the management of non-alcoholic fatty liver disease. J Hepatol, 2016. 64(6): p. 1388-402.
  5. Haflidadottir, S., et al., Long-term follow-up and liver-related death rate in patients with non-alcoholic and alcoholic related fatty liver disease. BMC Gastroenterol, 2014. 14: p. 166.
  6. Plauth, M., et al., S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der GESKES, der AKE und der DGVS. Klinische Ernährung in der Gastroenterologie (Teil 1) – Leber. Aktuelle Ernährungsmedizin, 2014. 39(01): p. e1-e42.
  7. Plauth, M., et al., ESPEN guideline on clinical nutrition in liver disease. Clin Nutr, 2019. 38(2): p. 485-521.
  8. Yumuk, V., et al., European Guidelines for Obesity Management in Adults. Obes Facts, 2015. 8(6): p. 402-24.
  9. Choban, P., et al., A.S.P.E.N. Clinical guidelines: nutrition support of hospitalized adult patients with obesity. JPEN J Parenter Enteral Nutr, 2013. 37(6): p. 714-44.
  10. Sobotka, L., Basics in clinical nutrition Fifth Edition. 2019.
  11. Plauth, M., et al., ESPEN Guidelines on Enteral Nutrition: Liver disease. Clin Nutr, 2006. 25(2): p. 285-94.
  12. Bischoff, S.C., et al., ESPEN practical guideline: Clinical nutrition in liver disease. Clin Nutr, 2020. 39(12): p. 3533-3562.

Autorenschaft:

Valentina Huwiler, PhD, Ernährungswissenschaftlerin, Inselspital Bern
Guido Stirnimann, MD, Hepatologe, Inselspital Bern

Information NutriGo

Anwendungsorientierte praktische Empfehlungen für die Ernährungstherapie in verschiedenen klinischen Situationen basierend auf aktuellen Richtlinien

Die Behandlung einer Mangelernährung ist ein zentraler Bestandteil in der intial- und fortführenden Therapie von Spitalpatientinnen und -patienten, um die Körperfunktion und Lebensqualität zu erhalten/verbessern und das Komplikationsrisiko bis zur Mortalität zu reduzieren. Die Therapie sollte der zugrundeliegenden Krankheit angepasst werden. NutriGo fasst die Behandlungsstrategien für verschiedene klinische Situationen zusammen und gibt praktische Hinweise zur Umsetzung.

Die Empfehlungen basieren auf den anerkannten aktuellen Richtlinien der jeweiligen klinischen Situation. Durch Eingabe des Körpergewichtes der Patientinnen und Patienten kann der Mikro- und Makronährstoffbedarf anhand einer einfachen Multiplikation berechnet werden, falls der Bedarf in den entsprechenden Richtlinien präzisiert ist. Zusätzliche Anpassungen sind erforderlich für Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten BMI (>28 kg/m2), Aszites, Untergewicht, erhöhtem Alter und gesteigerter/reduzierter körperlicher Aktivität.

Abkürzungsverzeichnis

BMI  Body Mass Index